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Unmögliche Liebschaften: LGBTQ+-Liebesgeschichten aus der Toskana der Renaissance

Geschichten über die Liebe zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren

Gay.it
von  Gay.it

Die Renaissance in der Toskana war in vielerlei Hinsicht eine freie Zeit und in jenen Jahren lebten, teils heimlich, teils offener, viele Männerpaare.

Die Liebschaften, von denen wir Ihnen in diesem Artikel erzählen wollen, handeln denn auch von Männern, die in der Renaissance andere Männer geliebt haben. Beziehungen, die oft mit Leid verbunden waren, verborgen und von der Geschichte umgeschrieben wurden, doch die dazu beigetragen haben, große Künstler und Dichter hervorzubringen, die für ihre Werke in die Geschichte eingegangen sind.

Inhalt
  • 1.
    Marsilio Ficino und Giovanni Cavalcanti
  • 2.
    Pico della Mirandola und Girolamo Benivieni
  • 3.
    Michelangelo Buonarroti und Tommaso de' Cavalieri

Marsilio Ficino und Giovanni Cavalcanti

Fresko in Santa Maria Novella mit Porträt von Marsilio Ficino
Fresko in Santa Maria Novella mit Porträt von Marsilio Ficino - Credit: Domenico Ghirlandaio, Public domain, Wikimedia Commons

Die erste Liebesgeschichte ist die zwischen Marsilio Ficino und Giovanni Cavalcanti.

Marsilio Ficino, der ursprünglich aus Figline stammte, war einer der bedeutendsten Humanisten und Philosophen der italienischen Renaissance. Mit seinen Übersetzungen der Werke Platons aus dem Griechischen trug er zur Verbreitung der Denkweise Platons bei und gab der Philosophie einen neuen Impuls.

Laut Ficinos Denkweise, die er im Commentarium in Platonis convivium von 1469 zum Ausdruck brachte, war die Liebe ohne Unterschied das Mittel, um die Schönheit zu erkennen. Um sie in ihrer ganzen Vielfalt zu erleben, war es notwendig, die Schönheit über den Geist und den Körper zu betrachten, auch den eines anderen Mannes.

Seine Vorstellung von neoplatonischer Liebe setzte er mit Giovanni Cavalcanti in die Tat um, einem jungen und wunderschönen Florentiner Dichter. Ficino schrieb für ihn 1484 das De Amore und später mehrere Liebesbriefe, in denen er ihn gewöhnlich „Giovanni amico mio perfettisimo“, seinen überaus perfekten Freund, nannte.

Pico della Mirandola und Girolamo Benivieni

Pico della Mirandola in den Uffizien in Florenz
Pico della Mirandola in den Uffizien in Florenz - Credit: Cristofano dell'Altissimo, Public domain, via Wikimedia Commons

Sprechen wir nun über die Liebesgeschichte zwischen Pico della Mirandola und Girolamo Benivieni. Giovanni Pico della Mirandola war ein leidenschaftlicher Humanist und Philosoph, ein Kenner der großen Männer seiner Zeit wie Poliziano und Ficino.

Pico und Girolamo lernten sich wahrscheinlich 1479 kennen und gingen anschließend eine feste und dauerhafte Bekanntschaft ein. In Fratta, zwischen Todi und Perugia in Umbrien, lebten die beiden Liebenden 1486, vor den Drohungen der Verhaftung wegen Ketzerei durch Papst Innozenz VIII. geschützt, zusammen. Denn in den Jahren davor war Pico della Mirandola von einer Theologenkommission wegen seiner Einstellungen der Häresie angeklagt worden, die, auch wenn sie nicht ketzerisch waren, im Gegensatz zur Lehre der Kirche standen.

Beide lebten ihre Liebe auf platonische Weise, so wie es damals üblich war. Dies waren, wie gesagt, die Jahre von Marsilio Ficinio.

Als Pico della Mirandola am 17. November 1494 an einer Arsenvergiftung starb, fiel der geliebte Girolamo Benivieni in eine tiefe Depression, die ihn oft an Selbstmord denken ließ.

Picos Leichnam wurde in der Kirche San Marco beigesetzt, wo fünfzig Jahre später auch Girolamo begraben wurde. Die Kirche, die in dieser Reiseroute zur Entdeckung des schwulenfreundlichen Florenz enthalten ist, bewahrt auch eine Gedenktafel, auf der geschrieben steht „deren Seelen im Leben die Liebe verband“.
Eine Erklärung ewiger Liebe, die die tiefe Beziehung der beiden zu Lebzeiten besiegelt. 

Michelangelo Buonarroti und Tommaso de' Cavalieri

Statue von Michelangelo auf dem Piazzale degli Uffizi in Florenz
Statue von Michelangelo auf dem Piazzale degli Uffizi in Florenz - Credit: Frieda, Wikimedia Commons

Die letzte quälende Liebesgeschichte ist die zwischen Michelangelo Buonarroti und Tommaso de' Cavalieri. Michelangelo muss sicherlich nicht vorgestellt werden, aber vielleicht ist ein kurzer Einschub zum ästhetischen Ausdruck des Künstlers hilfreich, um seine schwierige Liebesaffäre mit dem römischen Edelmann Tommaso de' Cavalieri zu verstehen.

Die Spannung, die Energie und die Liebe zum männlichen Körper sind ein charakteristisches Merkmal der Werke Michelangelos. Es wird genügen, seine Werke in den florentinischen Museen zu bewundern, wie den Tondo Doni in den Uffizien oder seine Skulpturen wie den Bacchus im Bargello-Museum, um zu erkennen, wie jeder Körper, auch der weibliche, zu einem Ausdruck der Liebe für die für den männlichen Körper typischen teils groben, teils ephebischen Formen wird.

Sein Leben verlief alles andere als ruhig und der Bildhauer galt nicht nur schon zu Lebzeiten als einer der größten Künstler der Renaissance, sondern machte sich auch wegen seiner zutiefst jähzornigen und ewig unzufriedenen, rastlosen Persönlichkeit einen Namen.
Nachdem er inmitten der Unruhen der Florentiner Renaissance aufgewachsen war, kam er mit den großen Intellektuellen seiner Zeit in Kontakt, von Poliziano bis Pico della Mirandola und sogar Marsilio Ficino, von denen er von der neoplatonischen Lehre der Liebe erfuhr und sie sich zu eigen machte. 

Das Zusammentreffen zwischen Michelangelo und Tommaso de' Cavalieri erfolgte 1532 in Rom, die beiden fühlten sich sofort leidenschaftlich voneinander angezogen und Michelangelo beschrieb Tommasos Schönheit als „das Licht unseres Jahrhunderts, ein Vergleich für die ganze Welt“. 

Als Beweis für die Beziehung zwischen den beiden gibt es die Briefe , die sie ab 1533 austauschten, Kunstwerke, deren Thema Tommaso war (darunter die Entführung des Ganymed, dessen Mythos wir in unserem Artikel über die Werke und Mythen der LGBT-Kunst in den Uffizien erzählt haben) und mehrere Liebessonette, von denen eines lautet: „Liebe ist nicht immer eine bittere und tödliche Sünde“.

Obwohl ihre Liebe aufgrund des schwierigen Charakters beider unmöglich wurde, blieben die beiden für den Rest ihres Lebens zusammen. Als Michelangelo 1564 im Alter von 88 Jahren verstarb, stand ihm Tommaso bis zum Schluss bei.

Ob es sich um die Liebe zwischen zwei Männern, zwischen zwei Frauen oder um die Liebe zwischen Mann und Frau handelt, sicher ist, dass die Liebe in all ihren Formen wirklich kompliziert zu sein versteht.

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