Livorno, wie man es sich nicht vorstellen kann, das seine tiefe Verbundenheit mit der Kunst und ihren berühmtesten Vertretern, von Amedeo Modigliani bis Giovanni Fattori, wiederentdeckt und in die Zukunft blickt: Das ist das Livorno der Street Art.
Die Stadt Livorno, die 2019 den Erfolg der Ausstellung „Modigliani e l’avventura di Montparnasse“ (Modigliani und das Abenteuer Montparnasse) erlebte, hat in den letzten Jahren wichtige Street-Art-Projekte mit einem gemeinsamen Nenner realisiert: die Aufwertung der reichen künstlerischen Kultur, die Livorno im letzten Jahrhundert zu einem der interessantesten Orte der nationalen Kunstszene gemacht hat, und sie in modernen Kunstformen erscheinen lässt.
Das Ergebnis sind fünf Wandbilder von bekannten Straßenkünstlern der Gegenwart: von Zed-1 bis Mart, von Ligama bis Liard. Ein Hauch von Farbe und zeitgenössischer Kunst, den man nicht verpassen sollte.
Mart e il Mare ist ein Werk der Stencil-Art (eine Art Graffiti, das mit Hilfe von Schablonen entsteht, durch die Sprühfarbe gesprüht wird) und der Malerei, das eine Hommage an Giovanni Fattori darstellt, der als einer der Hauptvertreter der Macchiaioli-Bewegung gilt.
Das Werk befindet sich an der Ecke von Via San Jacopo in Acquaviva und Via Forte dei Cavalleggeri. Es ist in verschiedene Räume unterteilt und ermöglicht dem Betrachter, an einer Art Führung teilzunehmen, die ihn mit den Werken des Museo Fattori bekannt macht, das sich direkt gegenüber dem Wandbild befindet.
Besonders hervorzuheben ist die Figur des aus Livorno stammenden Schriftstellers Coccoluto Ferrigni auf dem Gemälde „Ritratto di Yorick“ (Porträt von Yorick), das von Vittorio Corcos geschaffen wurde und hier von Mart wieder aufgegriffen wird, der ihm statt der Zigarette des Originals einen Pinsel in die Hand drückt. Weiter geht es mit zwei Liebenden, die Fattoris „La Torre rossa“ (Der rote Turm) vor dem Meereshintergrund bewundern: Das Thema Meer zieht sich durch das gesamte Wandbild. Im weiteren Verlauf wird die Tapete von einem kleinen Mädchen zerrissen, und der Riss gibt den Blick auf das Meer und andere Details von Werken frei, die zum Leben in Livorno gehören, wie die Darstellung von Fattori, die livornesischen Freiwilligen auf dem Gemälde von Bartolena, eine weitere Darstellung von Fattori, der Turm von Calafuria und eine der livornesischen Cenciaiole, Gemälde von Cecconi.
Das 2019 eingeweihte Wandbild befindet sich auf der Wand eines der Gebäude im Borgo dei Cappuccini, Nummer 179, etwas außerhalb des Zentrums von Livorno.
Es zeigt eine Meerjungfrau in einer Flasche, die einen Narwal in der Hand hält, der einen Korkenzieher symbolisiert. Die Flasche ist ein historischer Verweis auf die Botschaften der Seefahrer in der Antike, eine Hommage an die Stadt Livorno und eine Aufforderung, den Verschluss zu entfernen und den Gedanken, die wie die Meerjungfrau in der Flasche gefangen sind, freien Lauf zu lassen.
Marco Burresi, bekannt als Zed 1, ist ein Straßenkünstler aus der Provinz Florenz, der seine unverwechselbaren Wandbilder in die ganze Welt getragen hat. Seiner Vorliebe für das Figürliche folgend, hat er in der Tat eine Welt humanoider Puppen geschaffen, die in ihrer scheinbaren Aseptik mit der sie umgebenden Realität interagieren und sich in Raum und Zeit weiterentwickeln.
Das Wandbild „L'âme de Montparnasse“ wurde in der Via Roma 90 anlässlich des hundertsten Todestages von Amedeo Modigliani realisiert.
Der Künstler Arnaud Liard hat einen echten „fil rouge“ zwischen Livorno, dem Ort, an dem Modigliani geboren wurde und aufgewachsen ist, und dem Pariser Viertel Montparnasse, wo er seine geniale Kreativität entwickelte, geschaffen und seine berühmtesten Werke mit dem einzigartigen und unverwechselbaren Stil, der ihn berühmt gemacht hat, zum Leben erweckt. Das Werk basiert auf einem der wenigen bis heute erhaltenen fotografischen Porträts von Modigliani, das neu interpretiert und mit bunten und abstrakten Elementen versehen wird.
Der untere Teil des Wandbildes zeigt das historische Pariser Literaturcafé „La Rotonde“, in dem Amedeo häufig verkehrte und das ein Treffpunkt und Austauschort für die wichtigsten Künstler war. Hier verkehrten Persönlichkeiten der damaligen Zeit, darunter Diego Rivera, Max Ernst, Paul Gauguin, Ernest Hemingway, Gibran Khalil, Kandinsky, Henry Miller, der französische Dichter Andre Salmon, Jean-Paul Sartre und Jean Cocteau sowie die berühmten russischen Exilanten Lenin und Trotzki.
Eine weitere Hommage an Modigliani, aber diesmal durch die Figur seiner Lebensgefährtin, der Malerin Jeanne Hebuterne.
Das Werk, das der sizilianische Straßenkünstler Salvo Ligama 2019 am Vorabend der großen Modigliani-Ausstellung geschaffen hat, prangt an einem Gebäude in der Via Pompilia 28.
Jeanne Hebuterne ist sowohl von hinten als auch von vorne abgebildet: In beiden Fällen sind ihre Hände hervorgehoben, was die künstlerische Fähigkeit der Malerin unterstreicht.
Die von Ligama aus Catania entworfenen „Fiori di glicine“ (Glyzinienblüten) befinden sich an den Scali delle Pietre Nr. 27 im Viertel Venezia, dem Herzen von Livorno.
Mit diesem Wandbild, das im Jahr 2020 entstand, interpretiert der Künstler ein Stück der Geschichte Livornos neu, nämlich die Leggi Livornine (Livornesische Gesetze), eine Reihe von Rechtsvorschriften, die Großherzog Ferdinando I. de’ Medici Ende des 16. Jahrhundert erließ, um die Wirtschaft von Livorno zu fördern. Das Werk zeigt einen Türken, eine Jüdin und den Künstler selbst sowie eine Frau, die auf eine Glyzinienblüte, ein Symbol für Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, bläst.